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Schluss mit dem Einheitsbrei

In Niederösterreich gedeihen uralte Getreidesorten. Damit werden geschmackliche und ernährungs­physiologische Vorteile neu entdeckt.

Getreidehalme und Ähren

Seit Jahrtausenden ist Getreide die wichtigste Nahrungsgrundlage des Menschen. Kein Wunder – es macht satt, ist gesund und schmeckt. Es wurde lange gezüchtet, um gute Lagereigenschaften und Backqualitäten zu erreichen. Dabei gingen manchmal wichtige Eiweißbausteine und hochwertige Fette verloren.

In alten Getreidesorten wie Einkorn, Dinkel oder Emmer sind diese enthalten. Dinkel hat im Vergleich zu Weizen zwar einen geringeren Eiweißgehalt, dafür eine Eiweißqualität die vom menschlichen Körper besser aufgenommen wird.

Von den vielen heimischen Getreidearten ist Weizen die unangefochtene Nummer eins. Ein Getreidesorte ist generell nicht besser oder schlechter als die andere, wichtig ist, dass sie im Wechsel auf den Tisch kommen.

Einkorn-Mehrkorn-Vollkorn: Wir räumen mit Missverständnissen auf!

Einkorn ist eine alte Getreidesorte, die wieder entdeckt wurde. Unter Mehrkornweckerl versteht man eine Backware, bei der mehrere verschiedene Getreidesorten verwendet werden. Vollkorn bedeutet, dass das Getreide vollständig – Samen der Pflanze mit Kleie, Endosperm und Keim – verwendet wird. Bei weißem (raffinierten) Mehl werden Keim und Kleie entfernt und nur der Endosperm bleibt übrig, was wiederum dazu führt, dass nur noch wenige Ballaststoffe im Mehl sind. Der Eiweißgehalt ist niedriger und viele wichtigen Nährstoffe wurden entfernt.

Vorteile „alter Getreidesorten"

Alte Getreidesorten erleben eine Renaissance. Das hängt vor allem mit dem Bio-Boom zusammen, da Bio-Bäuerinnen und Bauern kleinere Erträge und höheren Arbeitsaufwand zu Gunsten von qualitativ hochwertigen und geschmacklich interessanten Urgetreidesorten in Kauf nehmen.

Diese Sorten sind genetisch vielfältiger, was sie resistenter gegen Krankheiten und anpassungsfähiger an Klimaschwankungen macht. Im Vergleich zeigt sich, dass der relative Anteil von Inhaltsstoffen höher ist, als in den meisten Hochzuchtsorten.

Die Sorten im Überblick

Dinkel zählt zu den ältesten Getreidearten der Menschheit und ist eine alte Kulturform des Weizens. Das Korn besitzt einen hohen Klebergehalt, dadurch sind Backwaren aus Dinkelmehl sehr flaumig und halten lange frisch. Dinkel ist eiweißreich und enthält viele Vitamine der B-Gruppe. Er hat einen sehr aromatischen, leicht nussigen Geschmack. In der Küche kann dieses Getreide sehr universell eingesetzt werden. Vom „Dinkelreis“ bis zu Brot, Gebäck, Nockerl, Nudeln und Mehlspeisen.

Einkorn, Emmer und Gommer sind alte Getreidearten aus der Weizenverwandtschaft. Der ältesten Funde von Einkorn und Emmer sind ca. 9.000 Jahre alt. Das besondere an den Getreidesorten  ist der hohe Eiweißgehalt. Einkorn hat einen gelblichen Mehlkörper, die Farbe ist auf den hohen Gelbpigmentgehalt in Form von Carotinen zurückzuführen. Einkorn hat einen leicht nussigen Geschmack. Der Klebergehalt ist geringer als bei Weizen oder Dinkel und daher nicht so gut geeignet fürs Brotbacken, aber dafür sehr gut für Nudeln und für Kuchen, Kekse, Flocken oder Getreidebrei.

Emmer ist mit dem Hartweizen verwandt, der Eiweißgehalt des Kornes ist daher hoch. Dadurch ist es auch ideal fürs Brotbacken geeignet, was allerdings Geschick verlangt, denn Emmer weist geringe Klebereigenschaften auf. Der stärkehaltige Rohstoff  ist gut geeignet für die Nudelherstellung und kann in der Art von Risotto zubereitet werden. 

Gerste ist eine der ältesten Kulturpflanzen überhaupt und hat einen hohen Eisen- und Zinkgehalt. Die Getreidesorte ist dafür bekannt, dass sie die Schleimhäute im Magen- und Darmtrakt beruhigt. Das Korn enthält fast kein Klebereiweiß. Die Rollgerste (Perlgerste oder Graupen) wird gerne als Suppeneinlage oder für rustikale Eintöpfe verwendet.

Hafer ist fett- und energiereicher als andere Getreidearten, enthält hochwertiges Eiweiß und hat einen hohen Gehalt an Vitaminen (B1, E, K, Biotin) sowie Mineralstoffen (Magnesium, Kalzium, Eisen, Zink, Kupfer). Hafer kommt v. a. in Form von Flocken und Mark im Handel vor. Zur Brotzubereitung ist Hafermehl nicht geeignet. Als Brei ist das Getreide besonders leicht verdaulich. Zu beachten ist, dass Haferprodukte aufgrund des höheren Fettgehaltes schnell ranzig werden. Daher müssen sie rasch verbraucht werden.

Hirse ist reich an Magnesium, Kalzium, Fluor, Mangan, Kupfer und Eisen sowie an Eiweiß. Auf Grund des hohen Gehalts an Kieselsäure wird der Hirse nachgesagt, gut für Haare und Nägel zu sein. Hirse ist besonders beliebt, da es glutenfrei ist. Die kleinen Körner kommen geschält in den Handel. Auch als Mehl, Grieß oder Flocken wird Hirse verwendet. Hirse eignet sich für süße und pikante Aufläufe, Laibchen und Desserts. 

Mais ist heutzutage das meistangebaute Getreide der Welt. Die anspruchslose und eiweißreiche Pflanze eignet sie sich für viele verschiedene Verarbeitungsarten und Gerichte. Es gibt zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. In Form von Popcorn als ballast- und nährstoffreicher Snack, die Kolben gedämpft oder gegrillt als gesundes Fast-Food oder zu Maismehl gemahlen und zu cremiger Polenta verrührt.

Roggen hat ein einzigartiges, ansprechendes Aroma und wird hauptsächlich gemahlen und zu Brot verarbeitet. Auch nach dem Mahlen behält Roggen Keim und Kleie, so gehen keine wertvollen Nährstoffe verloren. Roggen ist besonders ballaststoffreich, hat bessere Eiweißqualitäten als Weizen und ist gut backfähig.

Waldstaudekorn ist eine sehr alte kleinkörnige Roggensorte, deren Halme bis zu 3 Meter hoch werden. Die Pflanze wurde überjährig genutzt: Der Anbau erfolgt zu „Johanni“. Die Ernte geschah im Herbst. Nach dem Winter ist das Waldstaudekorn wieder angewachsen und im Sommer als Brotgetreide geerntet worden. Aufgrund der geringen Korngröße ist der Anteil an Kleie und Keimling überproportional hoch, daher verfügt das Waldstaudekorn über wesentlich mehr Inhaltsstoffe als großkörnige Roggensorten. Der Geschmack ist feinwürzig und intensiv. Es  wird zu dunklem Brot, Getreidereis und Nudeln verarbeitet. Sehr gut eignet sich das Mehl auch zur Kuchen- und Gebäckherstellung. Im Waldviertel bemüht sich eine Gruppe von biologisch-dynamisch wirtschaftenden LandwirtInnen um die Wiederverwendung als Lebensmittel.

Weizen ist heute das bedeutendste Getreide und das wichtigste Brotgetreide. Fast ein Drittel der Weltgetreideernte fällt auf das beliebte helle Korn. Es gibt Weich- und Hartweizen. Der Unterschied liegt im Gehalt an Klebereiweiß, der bei der weichen Art höher ist. Weichweizen wird für Brot und Gebäck, Hartweizengrieß vor allem für Teigwaren verwendet. Die Getreideart ist reich an Vitaminen (B-Vitaminen) und Mineralstoffen (Magnesium, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan). Das Mehl ist gut backfähig. Man verwendet Weizen auch als Grieß (Hartweizen), Flocken, Schrot, Kleie, Bulgur (bei uns auch unter dem Handelsnamen „Perlweizen“, wobei die Körner vorgekocht, getrocknet, geschält und grob geschrotet sind.

Ebly, Couscous und Co.

Bulgur sind gekochte, getrocknete und zerkleinerte Weizenkörner. Dieses aromatische, goldbraune und nussig schmeckende Vollkornweizenprodukt hat eine kurze Garzeit. Man kann Bulgur unterschiedlich gemahlen verwenden: fein für orientalische Salate, mittel für Frühstücksbrei oder grob für Aufläufe.

Couscous wird aus befeuchtetem und zu Kügelchen zerriebenem Grieß aus Weizen (Hartweizengrieß), Gerste oder Hirse ‏hergestellt. Couscous wird zum Garen nicht gekocht, sondern über kochendem Wasser oder einem kochenden Gericht gedämpft.

Ebly oder Zartweizen sind vorgekochte, getrocknete und geschälte Weizenkörner. Dadurch verkürzt sich der Kochvergang sehr. Zartweizen ist vielseitig verwendbar: als Risotto oder Beilage statt Reis, als Salat oder auch süß als Nachspeise.

Grünkern ist im halbreifen Zustand (Milchreife) geernteter, gedarrter Dinkel. Grünkern wird auf Grund des pikanten Geschmacks gern für Suppen, Aufstriche, Aufläufe, Laibchen etc. verwendet. Obwohl er härter ist als Dinkel, wird er beim Kochen schneller gar. Grünkern ist nicht back- oder keimfähig.